Zur Geschichte der Musik- und Tanzgruppe Balazut

Die Kurzversion

Die von Dieter Holstein 1993 mitgegründete Tanzgruppe erhielt 1995 den definitiven Namen Balazut. Seit 2002 traten die Musiker der Tanzgruppe auch ausserhalb Basels unter demselben Namen an Bal Folks und anderen Veranstaltungen auf. Nach der organisatorischen Loslösung der Musik- von der Tanzgruppe sowie einer Neustrukturierung und Umbenennung der Tanzgruppe im Jahr 2009 wird der Name Balazut nur noch für das aus Sabine Wavre und Dieter Holstein bestehende Team verwendet, das unter diesem Namen als Musiker, Tanzkursleiter und Organisator von Tanzveranstaltungen auftritt.

Dolmen bei Crop (Limousin)
Die Vorgeschichte

Der Autor dieses Textes, Dieter Holstein, war seit 1988 Mitglied der seit Urzeiten bestehenden Tanzgruppe „Basler Tanzvolk“, seit 1991 auch Mitglied im Vorstand (damals Komitee genannt). Die Tanzgruppe hatte (und hat auch heute wieder) ihren Schwerpunkt auf den Tänzen aus Osteuropa, war aber auch anderen Einflüssen gegenüber offen. Da ich an Festivals in Frankreich (vor allem Lautenbach im Elsass und seit 1990 Gennetines in Zentralfrankreich) und an Bal Folks im benachbarten Elsass sowie bei der Gruppe Siebenschritt in Freiburg i.Br. eine Vorliebe für die traditionellen Tänze aus Frankreich entwickelt hatte, wollte ich diese Fazette des Tanzens gerne auch beim Basler Tanzvolk einbringen. Dies wurde mir gestattet, worüber ich sehr dankbar war. Die neuen Tänze kamen bei den Mitgliedern ganz gut an, was sich etwa darin zeigte, dass unsere Musikgruppe (in welcher ich die Gitarre bediente) den Namen „Balance“ annahm, weil sich die west- und osteuropäischen Anteile unseres Repertoires in etwa die Waage hielten. Auch nahmen während einiger Jahre bis zu einem Dutzend Mitglieder des Tanzvolks im Sommer den Weg zum „Grand Bal de l'Europe“ in Gennetines unter die Füsse, bzw. Räder.

In dieser Zeit gab es beim Basler Tanzvolk die Möglichkeit, an einem zweiten wöchentlichen Tanzabend Kurse zu einem speziellen Thema zu besuchen. In diesem Rahmen gestalteten Sabine Bächtold und ich im Herbst 1993 einen Kurs zum Thema „Französische Tänze“. Etwa 25 Teilnehmer wurden so über ein Quartal hinweg in die wichtigsten Paar-, Reihen- und Gruppentänze des Bal Folk eingeführt. Besonders gut wurde aufgenommen, dass wir Musiker und Musikerinnen organisiert hatten und nicht wie in den meisten Tanzgruppen üblich mit Tonträgern arbeiten mussten.

Nach Abschluss des Kurses bestand bei genügend Teilnehmern das Interesse, das französische Getanze in regelmässiger Form weiterzuführen. Ein Saal war schnell gefunden und so versammelte man und frau sich am 13. Dezember 1993 erstmals auf dem Spielestrich in der Basler Kaserne (Hinweis für Nicht-Schweizer: Ein Estrich ist bei uns ein Dachboden). Man entschloss sich rasch, dass die neue Gruppe unabhängig vom Basler Tanzvolk agieren sollte.

Wir profitierten in dieser Anfangsphase von zwei Dingen: Erstens fanden wir mit Dieter Sieber, Jonathan Taylor und Matthias Biedermann erfahrene Musiker, welche jede Woche für uns spielten, obwohl ihr Hauptinteresse der irischen Musik galt (sie traten unter dem Namen „Folded Goat“ auf). Als weitere musikalische Stütze konnten wir auf Hannes Rau zählen, der kurz zuvor mit Erlernen des diatonischen Akkordeons begonnen hatte und sehr schnell Fortschritte machte. Zum Zweiten starteten wir mit einer stattlichen Anzahl an erfahrenen Tänzern und Tänzerinnen, welche von Beginn weg für Schwung und ein gutes Tanzniveau sorgten.

Unter den unzähligen Tanzgruppen in der Sparte Volkstanz, Folktanz, Worlddance (das in Deutschland gebräuchliche „Folkloretanz“ erzeugt bei mir einen starken Brechreiz...) oder wie immer man das auch bezeichnen will, war unsere Tanzgruppe die erste in der Deutschschweiz, welche das Schwergewicht auf das französische Bal Folk-Repertoire gelegt hat. Später hat Andreas Rutschmann im Raum Bern-Zofingen begonnen, Kurse anzubieten und in Schaffhausen gibt es mittlerweile auch eine mehr oder weniger aktive Gruppe. Wir Basler blieben aber immer die einzige Gruppe, welche (mit Ausnahme der Schulferien) wöchentlich ihrem Treiben nachging.

Rütlischwur
1995: Gründung von Balazut

Im Laufe des Jahres 1994 tanzten wir also unter dem provisorischen Namen „Tanz auf dem Estrich“ auf demselbigen. Aufgrund klimatischer Unpässlichkeiten (Bruthitze im Sommer, Eiseskälte im Winter) entschlossen wir uns nach einem Jahr, einen neuen Raum zu suchen – und wir fanden ihn in allernächster Nähe, nämlich direkt unter dem Estrich im Quartiertreffpunkt der Pro Senectute auf dem Kasernenareal.

An einer Besprechung zur Zukunft der Gruppe am 4. Januar 1995 widmeten wir uns auch der Frage nach einem neuen Namen. Auch nach langen Diskussionen und einem komplexen Eliminations- und Kumulationsverfahren war aber noch kein Namensvorschlag da, der wirklich überzeugte. Bis dann jemand auf die Idee kam, man könne doch einfach den Namen des Weins nehmen, der gerade auf dem Tisch steht. Es war ein „Domaine de Balazut“ aus der Nähe von Avignon. Der so gefundene Name erfüllte alle Anforderungen: Er ist französisch und stellt damit einen Bezug her zur Herkunft unserer bevorzugten Tänze, er enthält dazu mit „Bal“ etwas, was sowohl mit „Bal Folk“ wie auch mit „Bâle“ assoziiert werden kann.

Die Konsolidierungsphase

Nachdem meine Mitgründerin Sabine Bächtold sich langsam aus der Tanzleitung zurückzog und andere Mitglieder der Gruppe eher weniger den Drang verspürten, sich in diesem Bereich zu engagieren, hatte ich während einigen Jahren die Tanzleitung weitgehend alleine inne. Erst zu Beginn des neuen Jahrtausends erfuhr ich zunehmende Unterstützung durch meine Lebensgefährtin Sabine Wavre, und zwar nicht nur in der Tanzleitung, sondern auch in organisatorischen Belangen.

Ausser der allwöchentlichen Tanzerei stellten wir im Schnitt jedes Jahr einmal einen grossen Bal Folk in Basel auf die Beine. Zu den weiteren Aktivitäten gehörten Wochenenden auf dem Bauernhof Marchstein im Jura oder die Beteiligung an Festivals wie dem Interceltic Folk Festival oder an Stadtfesten.

Unser Akkordeonist Hannes Rau wandte sich 1999 anderen Aktivitäten zu. Etwas später blieb auch vom Trio „Folded Goat“ nur noch Dieter Sieber (diatonisches Akkordeon) bei uns. Mittlerweile hatten aber auch Sabine (Querflöte) und ich (diatonisches Akkordeon) begonnen, uns am musikalischen Rahmen des Tanzabendes zu beteiligen.

Im Jahr 2002 begann die Musikgruppe mit Sabine und den beiden Dietern auch ausserhalb unserer Tanzgruppe aufzuspielen, so z.B. regelmässig am alljährlichen Bal Folk in Schopfheim oder am Musikantentreffen in Lützelflüh (später an den Nachfolgeveranstaltungen auf dem Mont Soleil und in Rütti). Wir traten dabei immer unter dem Namen „Balazut“ auf, also dem Namen, den auch unsere Tanzgruppe hatte.

Jubiläumstorte

Im Jahr 2003 feierten wir das 10-jährige Bestehen unserer Tanzgruppe in einer Waldhütte in Hofstetten (SO) mit einem Jubiläumssommernachtsundtagstanzundmusikfest (Bild rechts: die Jubiläumstorte von Sabine).

Durch die von uns organisierten Bal Folks und die Auftritte der Musikgruppe wurde der Name „Balazut“ in der in- und ausländischen Szene langsam zu einem Begriff. Auch als Tanzleiter wurden Sabine und ich immer häufiger angefragt. Es war für uns eine grosse Ehre, als Schweizer in Frankreich französische Tänze zeigen zu dürfen (Belfort 2006).

Was die Tanzgruppe betrifft, hatten wir neben einem kleinen, seit der Gründungszeit treuen Kern immer relativ viele Wechsel in den Mitgliedern. Da viele Leute auch nur gelegentlich kommen konnten oder wollten, hatten wir immer Mühe, etwas aufzubauen. Ich denke, dass wir über die Jahre gerechnet kaum 15 Teilnehmer pro Abend hatten. Dies war immer etwas wenig, um genügend Eigendynamik zu entwickeln, welche der Gruppe eine stabilere Basis gebracht hätte (die meisten neuen Leute kamen immer durch direkte Werbung von anderen Mitgliedern, während spezielle Werbeanlässe wie Einführungskurse kaum nachhaltigen Erfolg im Hinblick auf Mitgliederzuwachs brachten).

Um die Teilnehmer zu einem etwas regelmässigeren Kommen zu animieren, haben wir Verschiedenes ausprobiert: Wir starteten im Jahr 2001 mit zeitlich begrenzten Kursen zu einem speziellen Thema, welche jeweils in der ersten Dreiviertelstunde des Abends stattfanden. Später sind wir dazu übergegangen, diese Zeit den neuen Teilnehmern zu widmen, um sie besser in die Gruppe integrieren zu können. Dafür haben wir 2002 begonnen, im anschliessenden Hauptteil des Abends für etwa ein halbes Jahr immer an einer exemplarischen Auswahl von 6-10 Tänzen zu arbeiten. So haben wir mit den Teilnehmern bis zum Jahr 2008 insgesamt neun Programme erarbeitet.

Im Jahr 2005 führten wir eine weitere Neuerung ein: Am letzten Tanzabend des Monats findet jetzt jeweils ein Mini-Bal statt. An diesem Abend gibt es keine längeren Erklärungen, sondern es kann einfach drauf los getanzt werden. Ein hoher Anteil der Tanzauswahl an diesen Abenden gehört zu den eher leichteren Tänzen; dazu kommen auch viele „gesellige“ Tänze wie Mixer. Ein Ziel war, die nur gelegentlich Kommenden auf dieses Datum des Mini-Bals zu lotsen, damit sie nicht an einem der anderen Tanzabende bei irgendetwas mitmachen müssen, das sich die anderen schon erarbeitet haben, bzw. dass die Tanzleiter nicht jedesmal wieder ganz von vorne anfangen müssen, weil wieder ein paar Neue dabei sind. Insgesamt haben diese Massnahmen teilweise dazu beigetragen, dass wir als Tanzleiter etwas kontinuierlicher vorgehen konnten.

2009: Ende und Neuanfang

Obwohl unsere Tanzgruppe nie offiziell als Verein konstituiert war, haben wir jedes Jahr vor Weihnachten so etwas wie eine Generalversammlung abgehalten, in welchem wir auf die Aktivitäten des vergangenen Jahres zurückgeblickt haben und mit den Mitgliedern die aktuellen Probleme und Projekte des kommenden Jahres diskutiert haben. In der Versammlung vom Dezember 2008 habe ich den Anwesenden bekanntgegeben, dass Sabine und ich unsere Aktivitäten für die Tanzgruppe reduzieren werden. Wir schlugen der Gruppe vor, noch zwei Abende pro Monat durchzuführen: Einen Mini-Bal wie bisher sowie einen von Sabine allein gestalteten Abend.

Die Gruppe wollte aber nicht auf den wöchentlichen Rhythmus des Tanzabends verzichten und machte sich in ihren Reihen auf die Suche nach Personen, welche die nicht von Sabine und mir abgedeckten Abende gestalten könnten. Man wurde fündig und schon bald war ein Programm fürs zweite Halbjahr 2009 zusammengestellt. Auch wenn Sabine und ich zu Beginn noch in dieses neue Programm integriert waren, mussten die Initianten zur Kenntnis nehmen, dass wir keine Lust hatten, weiterhin die ganze Organisation im Hintergrund zu machen für ein Konzept, das nicht unseres war. Das neue Leitungsteam organisierte sich etwas später als Verein. Da die Leute vom neuen Vorstand – die wir ja seit vielen Jahren kennen – ein grundsätzlich anderes Verständnis vom Tanzen haben, wird die neue Gruppe auf die Dauer kaum mehr viel von dem beinhalten, was wir seit 1993 angestrebt haben. Da es auch verpasst wurde, Leute mit Verbindungen zur in- und ausländischen Bal Folk-Szene in den Vorstand des Vereins zu wählen, sahen wir auch keine Möglichkeit, wie unsere in langen Jahren erarbeitete internationale Postionierung der Marke „Balazut“ weitergeführt werden könnte. Aus diesen Gründen haben Sabine Wavre und ich darauf gedrängt, dass die neue Tanzgruppe sich einen neuen Namen sucht und Balazut das bleibt, als was man es ausserhalb von Basel vor allem kennt: eine Musikgruppe und ein Team von zwei Tanzanimatoren. Die Tanzgruppe hat sich daraufhin den Namen „Bâladanse“ zugelegt.

Da mit das Design der alten Balazut-Website immer noch ganz gut gefällt, kann sie hier im archivierten Zustand vom Sommer 2009 betrachtet werden: Zur alten Balazut-Seite.

ab 2011: Neue Projekte

Im Sommer 2011 entstand das Projekt „ViBeRa“ (= Vielfalt – Bewegung – Raum), in einem ehemals von der PTT genutzten Gebäude beim Bahnhof in Sissach (BL) einen neuen Tanzraum einzurichten. Wir planten, dieses Projekt zu unterstützen und hier einmal im Monat einen Tanzabend anzubieten. Wegen eines Rekurses musste der Umbautermin verschoben werden, so dass wir die bereits angekündigten Abende in einem Ersatzraum durchführen mussten. Wir danken Heidi Gysin von den Aloha-Linedancers für Ihre Gastfreundschaft. Aufgrund der Verzögerungen musste das Projekt ViBeRa schliesslich leider aufgegeben werden. Die Einsprache gegen das Umbaugesuch, welche sich gegen allfällige Geräuschemmissionen wandte, stammte übrigens ausgerechnet vom national bekannten DJ Antoine, dessen Tätigkeit ja wohl mit mehr „Geräusch“ verbunden ist als unsere Aktivitäten.

Glücklicherweise hat niemand unsere Einladung zu einem Musikertreffen am 1. April 2011 als Aprilscherz aufgefasst. Nachdem die Freunde der irischen Musik schon lange ihre regelmässigen Sessions haben, wollten wir mit diesem Anlass auch für die traditionelle französische Musik einen Treffpunkt anzubieten. Insgesamt 16 Musiker und Musikerinnen sind bei dieser ersten Auflage eines „boeuf“, wie diese Art von zwangslosem Zusammenmusizieren in Frankreich genannt wird, unserem Aufruf gefolgt. Dauraufhin fand dieser boeuf in rund vierteljährlichem Abstand seine Fortsetzung bis zum Dezember 2014, als wir diese Serie aufgrund des nachlassenden Interesses abschlossen.